Die Gnostiker waren nicht die einzigen, die die Wahrheit über Christus verdrehten. Nestorius, der Anfang des fünften Jahrhunderts Patriarch von Konstantinopel war, lehrte offenbar, Christus sei eigentlich zwei Personen in einer, der menschliche Jesus und der göttliche Sohn Gottes. Als Maria Christus gebar, habe sie den Menschen, nicht aber den göttlichen Sohn zur Welt gebracht. Diese Ansicht stimmte nicht mit dem Monophysitismus ("e i n e Natur") überein, wonach die Einheit zwischen Gott und dem Sohn unzertrennlich sei und Jesus, obgleich er zwei Naturen gehabt hätte, in Wirklichkeit ein einziger gewesen sei, ganz Gott und gleichzeitig ganz Mensch. Maria habe also Gott geboren und nicht nur den menschlichen Jesus.
Beide Theorien waren Folgen einer Kontroverse, die in den Jahrhunderten zuvor aufgekommen war. Arius, ein alexandrinischer Presbyter, glaubte, daß Christus dem Vater untergeordnet sei. Daher lehnte er es ab, in bezug auf das Verhältnis Christi zu Gott den Begriff homoousios (wesensgleich) zu gebrauchen. Das Konzil von Nizäa verwarf 325 u. Z. seine Ansicht und behauptete, daß Jesus "wesensgleich mit dem Vater" sei. Das Konzil von Chalzedon erklärte 451 u. Z., Christus sei eine Inkarnation Gottes. Die babylonisch-ägyptisch-griechische Vorstellung von einem dreieinigen Gott hatte nun Christi Lehre verdrängt, wonach er und sein Vater zwei getrennte Personen sind, die nicht gleich sind.
Markus 13:32: "Von jenem Tag oder der Stunde hat niemand Kenntnis, weder die Engel im Himmel noch der Sohn, sondern nur der Vater."
Johannes 14:28: "Ihr habt gehört, daß ich zu euch sagte: Ich gehe weg, und ich komme zu euch zurück. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, daß ich zum Vater hingehe, denn der Vater ist größer als ich."
Tertullian (ca. 160 bis ca. 230 u. Z.), der der nordafrikanischen Kirche angehörte, führte das Wort "trinitas" ein, das vor der Geburt des Arius unter den Christen in Gebrauch kam. Als erster Kirchenschriftsteller, der vorwiegend in Lateinisch statt in Griechisch schrieb, trug Tertullian dazu bei, die Grundlage für die abendländische Theologie zu legen. Das tat auch der "heilige" Augustinus, ebenfalls ein nordafrikanischer Kirchenlehrer, der zwei Jahrhunderte später lebte. "Augustinus wird allgemein als größter Denker der christlichen Antike anerkannt", heißt es in der New Encyclopædia Britannica.
Doch die anschließenden Worte sind für jeden aufrichtigen Katholiken oder Protestanten Grund zur Besorgnis: "In seinem Geist verschmolz die Religion des Neuen Testaments am vollständigsten mit der platonischen Überlieferung der griechischen Philosophie; und durch diesen wurde auch das Ergebnis der Verschmelzung an die christliche Welt des mittelalterlichen Katholizismus und des Protestantismus der Renaissance weitergegeben."
Gegen Ende des vierten Jahrhunderts vollendete Kaiser Theodosius I., was Konstantin begonnen hatte, indem er den Katholizismus zur Staatsreligion machte. Bald darauf kam es, wie Konstantin befürchtet hatte, zur Teilung des Römischen Reiches. Im Jahre 410 u. Z. wurde Rom von den Westgoten erobert, einem germanischen Volk, das das Reich schon lange hart bedrängt hatte, und 476 u. Z. setzte der germanische Heerführer Odoaker den weströmischen Kaiser ab und rief sich selbst zum König aus, womit das Weströmische Reich endete.
Wie würde es dem Katholizismus unter diesen neuen Umständen ergehen? Im Jahre 500 u. Z. sollen ihm 22 Prozent der Weltbevölkerung angehört haben. Aber von diesen schätzungsweise 43 Millionen Menschen war ein Großteil von religiösen Führern betrogen worden, die es für bequemer erachteten, die Wahrheit zu verdrehen, als sich selbst zu läutern. Das Licht des wahren Christentums war ausgelöscht worden. Doch aus der Finsternis sollte etwas "Heiliges" hervorkommen.
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