Die ersten Christen lehrten kein Fegefeuer, beteten keine Bilder an, huldigten keinen "Heiligen" und verehrten keine Reliquien. Sie betätigten sich nicht politisch und nahmen nicht zu buchstäblicher Kriegführung Zuflucht. Doch im 15. Jahrhundert traf auf viele, die ihre Nachahmer zu sein behaupteten, von alldem nichts mehr zu.
"Die ersten Brutstätten der Ketzerei gegen den Katholizismus gab es um das Jahr 1000 in Frankreich und in Norditalien", heißt es in The Collins Atlas of World History. Manche der ersten sogenannten Ketzer waren nur in den Augen der Kirche Ketzer. Es ist heute schwierig, genau zu beurteilen, in welchem Maße sich einzelne Ketzer an das frühe Christentum hielten. Dennoch bemühten sich offensichtlich zumindest einige, dies zu tun.
Zu Beginn des 9. Jahrhunderts verurteilte Erzbischof Agobard von Lyon die Bilderanbetung und das Anrufen "Heiliger". Ein Archidiakon des 11. Jahrhunderts, Berengar von Tours, wurde exkommuniziert, weil er an der Transsubstantiation zweifelte, wonach das in der katholischen Messe verwendete Brot und der Wein in den Leib und in das Blut Christi verwandelt werden. Ein Jahrhundert später lehnten Peter von Bruys und Heinrich von Lausanne die Kindertaufe und die Anbetung des Kreuzes ab. Heinrich verlor deshalb seine Freiheit, Peter sein Leben.
"Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts waren die westeuropäischen Städte von ketzerischen Sekten durchsetzt", berichtet der Historiker Will Durant. Die bedeutsamste dieser Gruppen waren die Waldenser. Sie traten gegen Ende des 12. Jahrhunderts unter dem französischen Kaufmann Pierre Valdès (Petrus Waldes) hervor. Unter anderem stimmten sie mit der Kirche nicht überein, was die Anbetung Marias, die Beichte, die Totenmessen, den päpstlichen Ablaß, den Zölibat und den Gebrauch von Waffen betraf. Die Bewegung dehnte sich rasch in Frankreich und Norditalien aus sowie in Flandern, Deutschland, Österreich und Böhmen.
In England verurteilte der Oxfordgelehrte John Wyclif, der später als der "Morgenstern der englischen Reformation" bekannt wurde, die "machthungrige Hierarchie" des 14. Jahrhunderts. Er und seine Gefährten übersetzten die gesamte Bibel ins Englische und machten sie so den einfachen Bürgern zum erstenmal zugänglich. Wyclifs Anhänger wurden als Lollarden bezeichnet. Sie predigten öffentlich und verbreiteten Schriften und Teile der Bibel. Dieses "ketzerische" Verhalten behagte der Kirche ganz und gar nicht.
Wyclifs Vorstellungen verbreiteten sich weithin. In Böhmen erregten sie die Aufmerksamkeit von Jan Hus (Johannes Huß), dem Rektor der Prager Universität. Hus zweifelte die Rechtmäßigkeit des Papsttums an und bestritt, daß die Kirche auf Petrus gegründet sei. Nach einem Streit über den Ablaßhandel wurde Hus wegen Ketzerei angeklagt und 1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Gemäß katholischer Lehre kann durch den Ablaß die Strafe für Sünden teilweise oder ganz nachgelassen werden, so daß die Strafe und Läuterung im Fegefeuer vor dem Eintritt in den Himmel verkürzt oder aufgehoben wird.
Es wurden weiterhin Reformen verlangt. Girolamo Savonarola, ein italienischer Dominikanerprediger des 15. Jahrhunderts, klagte: "Die Schändlichkeit fängt in Rom an und geht durch das Ganze. . . . Fang nur von Rom an, und du wirst finden, daß sie alle ihre geistlichen Pfründen durch Simonie gewonnen haben. . . . Die Huren gehen öffentlich zu St. Peter, jeder Priester hat seine Konkubine." Selbst Kardinäle erkannten diese Mißstände. Im Jahre 1538 lenkten sie die Aufmerksamkeit Papst Pauls III. in einer an ihn gerichteten Denkschrift auf parochiale, finanzielle, gerichtliche und sittliche Mißstände. Doch das Papsttum führte die offensichtlich notwendigen Reformen nicht durch, was dann die Reformation hervorrief. Zu den Anführern gehörten Martin Luther, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin.
Martin Luther, 1483 geboren, Priesterweihe mit 23 Jahren, studierte in Wittenberg Theologie, promovierte 1512 in Wittenberg zum Doktor der Theologie, starb im Alter von 62 Jahren.
Ulrich Zwingli, geboren in der Schweiz, etwa zwei Monate nach Luther, 1506 Priesterweihe, fiel mit 47 Jahren im Kampf als protestantischer Feldprediger.
Johannes Calvin, 25 Jahre nach Luther und Zwingli geboren, zog als junger Mann von Frankreich in die Schweiz, richtete in Genf einen faktischen Kirchenstaat auf, starb mit 54 Jahren.
Einige Möchtegernreformatoren stimmten zwar grundsätzlich Luther zu, hielten sich aber zurück. Unter ihnen war der niederländische Gelehrte Desiderius Erasmus. 1516 veröffentlichte er als erster das "Neue Testament" in der griechischen Ursprache. "Er war ein Reformator", heißt es in der Publikation Edinburgh Review, "bis die Reformation eine schreckliche Wirklichkeit wurde."
Andere hingegen trieben die Reformation voran, und in Deutschland und Skandinavien verbreitete sich rasch das Luthertum. 1534 löste sich England vom päpstlichen Joch. Schottland zog unter dem Reformator John Knox bald nach. In Frankreich und Polen wurde der Protestantismus vor dem Ende des 16. Jahrhunderts gesetzlich anerkannt.
Der Begriff "Protestant" wurde 1529 auf dem Reichstag zu Speyer zum erstenmal auf Anhänger Luthers angewandt. Sie protestierten gegen eine Entscheidung, durch die den Katholiken größere Freiheit gewährt wurde als ihnen.
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Die ersten Christen lehrten kein Fegefeuer, beteten keine Bilder an, huldigten keinen "Heiligen" und verehrten keine Reliquien. Sie betätigten sich nicht politisch und nahmen nicht zu buchstäblicher Kriegführung Zuflucht. Doch im 15. Jahrhundert traf auf viele, die ihre Nachahmer zu sein behaupteten, von alldem nichts mehr zu.
"Die ersten Brutstätten der Ketzerei gegen den Katholizismus gab es um das Jahr 1000 in Frankreich und in Norditalien", heißt es in The Collins Atlas of World History. Manche der ersten sogenannten Ketzer waren nur in den Augen der Kirche Ketzer. Es ist heute schwierig, genau zu beurteilen, in welchem Maße sich einzelne Ketzer an das frühe Christentum hielten. Dennoch bemühten sich offensichtlich zumindest einige, dies zu tun.
Zu Beginn des 9. Jahrhunderts verurteilte Erzbischof Agobard von Lyon die Bilderanbetung und das Anrufen "Heiliger". Ein Archidiakon des 11. Jahrhunderts, Berengar von Tours, wurde exkommuniziert, weil er an der Transsubstantiation zweifelte, wonach das in der katholischen Messe verwendete Brot und der Wein in den Leib und in das Blut Christi verwandelt werden. Ein Jahrhundert später lehnten Peter von Bruys und Heinrich von Lausanne die Kindertaufe und die Anbetung des Kreuzes ab. Heinrich verlor deshalb seine Freiheit, Peter sein Leben.
"Um die Mitte des zwölften Jahrhunderts waren die westeuropäischen Städte von ketzerischen Sekten durchsetzt", berichtet der Historiker Will Durant. Die bedeutsamste dieser Gruppen waren die Waldenser. Sie traten gegen Ende des 12. Jahrhunderts unter dem französischen Kaufmann Pierre Valdès (Petrus Waldes) hervor. Unter anderem stimmten sie mit der Kirche nicht überein, was die Anbetung Marias, die Beichte, die Totenmessen, den päpstlichen Ablaß, den Zölibat und den Gebrauch von Waffen betraf. Die Bewegung dehnte sich rasch in Frankreich und Norditalien aus sowie in Flandern, Deutschland, Österreich und Böhmen.
In England verurteilte der Oxfordgelehrte John Wyclif, der später als der "Morgenstern der englischen Reformation" bekannt wurde, die "machthungrige Hierarchie" des 14. Jahrhunderts. Er und seine Gefährten übersetzten die gesamte Bibel ins Englische und machten sie so den einfachen Bürgern zum erstenmal zugänglich. Wyclifs Anhänger wurden als Lollarden bezeichnet. Sie predigten öffentlich und verbreiteten Schriften und Teile der Bibel. Dieses "ketzerische" Verhalten behagte der Kirche ganz und gar nicht.
Wyclifs Vorstellungen verbreiteten sich weithin. In Böhmen erregten sie die Aufmerksamkeit von Jan Hus (Johannes Huß), dem Rektor der Prager Universität. Hus zweifelte die Rechtmäßigkeit des Papsttums an und bestritt, daß die Kirche auf Petrus gegründet sei. Nach einem Streit über den Ablaßhandel wurde Hus wegen Ketzerei angeklagt und 1415 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Gemäß katholischer Lehre kann durch den Ablaß die Strafe für Sünden teilweise oder ganz nachgelassen werden, so daß die Strafe und Läuterung im Fegefeuer vor dem Eintritt in den Himmel verkürzt oder aufgehoben wird.
Es wurden weiterhin Reformen verlangt. Girolamo Savonarola, ein italienischer Dominikanerprediger des 15. Jahrhunderts, klagte: "Die Schändlichkeit fängt in Rom an und geht durch das Ganze. . . . Fang nur von Rom an, und du wirst finden, daß sie alle ihre geistlichen Pfründen durch Simonie gewonnen haben. . . . Die Huren gehen öffentlich zu St. Peter, jeder Priester hat seine Konkubine." Selbst Kardinäle erkannten diese Mißstände. Im Jahre 1538 lenkten sie die Aufmerksamkeit Papst Pauls III. in einer an ihn gerichteten Denkschrift auf parochiale, finanzielle, gerichtliche und sittliche Mißstände. Doch das Papsttum führte die offensichtlich notwendigen Reformen nicht durch, was dann die Reformation hervorrief. Zu den Anführern gehörten Martin Luther, Ulrich Zwingli und Johannes Calvin.
Martin Luther, 1483 geboren, Priesterweihe mit 23 Jahren, studierte in Wittenberg Theologie, promovierte 1512 in Wittenberg zum Doktor der Theologie, starb im Alter von 62 Jahren.
Ulrich Zwingli, geboren in der Schweiz, etwa zwei Monate nach Luther, 1506 Priesterweihe, fiel mit 47 Jahren im Kampf als protestantischer Feldprediger.
Johannes Calvin, 25 Jahre nach Luther und Zwingli geboren, zog als junger Mann von Frankreich in die Schweiz, richtete in Genf einen faktischen Kirchenstaat auf, starb mit 54 Jahren.
Einige Möchtegernreformatoren stimmten zwar grundsätzlich Luther zu, hielten sich aber zurück. Unter ihnen war der niederländische Gelehrte Desiderius Erasmus. 1516 veröffentlichte er als erster das "Neue Testament" in der griechischen Ursprache. "Er war ein Reformator", heißt es in der Publikation Edinburgh Review, "bis die Reformation eine schreckliche Wirklichkeit wurde."
Andere hingegen trieben die Reformation voran, und in Deutschland und Skandinavien verbreitete sich rasch das Luthertum. 1534 löste sich England vom päpstlichen Joch. Schottland zog unter dem Reformator John Knox bald nach. In Frankreich und Polen wurde der Protestantismus vor dem Ende des 16. Jahrhunderts gesetzlich anerkannt.
Der Begriff "Protestant" wurde 1529 auf dem Reichstag zu Speyer zum erstenmal auf Anhänger Luthers angewandt. Sie protestierten gegen eine Entscheidung, durch die den Katholiken größere Freiheit gewährt wurde als ihnen.
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