"Die arabischen Eroberungen waren direkt auf das Predigen Muhammads zurückzuführen", heißt es in The Collins Atlas of World History. Natürlich trugen auch noch andere Faktoren zu der Ausbreitung des Islam bei. Religiöse Konflikte zwischen den Christen in Byzanz und den Zoroastriern in Persien machten beispielsweise beide Gruppen für den arabischen Vorstoß blind.
Das Bemühen, ein ausgedehntes Reich durch die Religion zusammenzuhalten, war nichts Neues. Doch "die Moslems waren überzeugt, im Koran die endgültige und unbestreitbare Wahrheit zu besitzen", erklärt der Autor Desmond Stewart. Sie wurden selbstzufrieden und "glaubten, alles, was wissenswert sei, sei bereits bekannt und die Gedanken von Nichtmoslems seien unerheblich". Man "widerstand hartnäckig" Veränderungen.
Folglich war das Reich schon im 11. Jahrhundert im Niedergang begriffen. Stewart vergleicht es mit einem "Meteor, der am Nachthimmel aufblitzt, dessen . . . Kraft bald erlischt". Diese Religion, die eine Art Bruderschaft ins Leben rief und es vergleichsweise einfach machte, sich Gott zu nahen, trug somit in Wirklichkeit zum Untergang des Reiches bei, bei dessen Schaffung sie zuvor mitgewirkt hatte. Wie gewonnen, so zerronnen. Das Reich war tot, aber seine Religion lebte weiter.
Wahre Unterwerfung schließt ein, Gott, seinen Gesetzen und seinen Vertretern zu gehorchen. Muhammad gelang es, die arabischen Stämme in Arabien zu vereinigen, indem er eine islamische Gemeinde (Ummah) gründete, in deren Mittelpunkt er und der Qur'an standen. Es war ein religiöser Staat, in dem die Unterwerfung dazu beitrug, die Gemeindeglieder zu Brüdern unter einem Führer zu machen.
Der Islam gestattete den Gebrauch des Schwertes, um die Feinde der arabischen Stämme zu bekämpfen. Das Schwert half, ihr Reich auszudehnen und ihre Religion zu verbreiten. Nach Muhammads Tod kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Sie waren in erster Linie politischer Natur, da es darum ging, einen Kalifen, einen Führer, zu bestimmen. Viele wurden bewogen, das Schwert gegen ihre eigenen Brüder zu ziehen. Die Verschmelzung von Religion und Regierung führte zur Entzweiung der Gemeinde. Die "Unterwerfung" konnte das Volk nicht unter einem Führer vereinen.
Nach der Überlieferung sah Muhammad die Entstehung von 72 häretischen Sekten des Islam vorher. Aber heute spricht man von mehreren hundert Sekten.
Die beiden Hauptrichtungen sind die Schiiten und die Sunniten. In beiden gibt es jedoch zahlreiche Untergruppen. Von 100 Muslimen sind 83 Sunniten und 15 Schiiten. Die übrigen gehören so unterschiedlichen Sekten an wie den Drusen, den Black Muslims und den synkretistischen Muslimen Indonesiens, die den Islam mit dem Buddhismus, dem Hinduismus und einheimischen Religionen vermischen.
Ein Merkmal der schiitischen Minderheit ist der Glaube, daß die Religion und der Qur'an eine esoterische oder geheime Bedeutung haben. Doch eigentlich war es die Frage der Nachfolge, die zur schiitischen Abspaltung führte. Die Schia (ein Wort, das "Partei" bedeutet, bezogen auf die "Partei Alis") hält an der Lehre des Legitimismus fest, wonach das Recht auf Leitung auf Ali, den Vetter und Schwiegersohn Muhammads, beschränkt ist sowie auf dessen Nachkommen.
Ali und seine Nachkommen waren Imame, Führer mit unumschränkter geistlicher Macht. Man ist sich nicht einig, wie viele Imame es gegeben hat, doch die größte schiitische Gruppe, die Zwölfer-Schiiten, sind der Meinung, es seien 12 gewesen. Im Jahre 878 u. Z. wurde der 12. Imam "verborgen", das heißt, er verschwand, nachdem er verheißen hatte, am Ende der Zeiten wiederzukommen, um eine islamische Regierung der Gerechtigkeit zu errichten.
Schiitische Muslime gedenken jedes Jahr des Märtyrertodes Husains, des Enkels Muhammads. Der Autor Rahman sagt darüber: "Da einem schiitischen Muslim von Kindheit an konkrete Darstellungen dieses Ereignisses vor Augen geführt werden, entwickelt er leicht einen tiefes Empfinden für Tragik und Ungerechtigkeit, wodurch der Märtyrertod zu einem Ideal erhoben wird."
"Die Einführung der griechischen Philosophie und Logik im 9. Jahrhundert", heißt es in dem Werk The Columbia History of the World, "rief eine andersartige islamische Philosophie (falsafa) hervor, die weitreichende Auswirkungen auf die rationalistische und theologische Weltanschauung des Islam hatte. . . . Mit der Zeit machte der Islam als Religion und Lebensweg selbst tiefgreifende Veränderungen durch, die seine Einheit berührten."
Der Sufismus zum Beispiel, die abendländische Bezeichnung für die islamische Mystik, kam im 8. und 9. Jahrhundert auf und entwickelte sich rasch zu einer religiösen Massenbewegung. Im 12. Jahrhundert waren Orden oder Bruderschaften der Sufis weit verbreitet. Das Kloster der Sufis übertraf fast die Moschee an Bedeutung. Zu den Übungen des Sufismus gehören die Selbsthypnose, die durch Konzentrationstechniken oder wilde Tänze erreicht wird, das Hersagen von Gebetsformeln, der Glaube an Wunder und die Heiligenverehrung.
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