Der Buddhismus fand von Anfang an gute Aufnahme. Eine Gruppe von Materialisten, Charvakas genannt, hatte bereits den Weg dafür gebahnt. Sie lehnten die heiligen Schriften des Hinduismus ab, spotteten über den Glauben an Gott und leugneten die Religion im allgemeinen. Ihr Einfluß war nachhaltig, und sie hinterließen gemäß Will Durant "eine Leere, die nahezu das Wachsen einer neuen Religion erzwang". Diese Leere und "der geistige Verfall der alten Religion" führten zu der Entstehung der zwei großen Reformbewegungen jener Zeit — Buddhismus und Dschainismus.
Mitte des 3. Jahrhunderts v. u. Z. trug König Aschoka, dessen Reich einen Großteil des indischen Subkontinents umfaßte, sehr zur Ausbreitung des Buddhismus bei. Er betonte die Mission, indem er nach Ceylon (Sri Lanka) und möglicherweise auch in andere Länder Missionare aussandte. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung verbreitete sich der Buddhismus in ganz China. Von dort aus gelangte er über Korea nach Japan. Im 6. und 7. Jahrhundert u. Z. war er in Ost- und Südostasien überall vorzufinden. Heute gibt es weltweit über 300 Millionen Buddhisten.
Doch schon vor König Aschoka hatte sich der Buddhismus ausgebreitet. "Gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. gab es in Athen buddhistische Missionare", schreibt E. M. Layman. Auch sagt er, daß nach der Entstehung des Christentums die ersten christlichen Missionare überall, wohin sie gingen, auf die buddhistische Lehre stießen. Als die ersten katholischen Missionare nach Japan kamen, wurden sie sogar für Vertreter einer neuen buddhistischen Sekte gehalten. Wie kam das?
Die beiden Religionen hatten offensichtlich vieles gemein. Gemäß dem Historiker Durant gehörten dazu "die Reliquienverehrung, der Gebrauch von Weihwasser, Kerzen und Weihrauch, der Rosenkranz, die geistlichen Gewänder, eine liturgische tote Sprache, Mönche und Nonnen, die Klostertonsur und der Zölibat, die Beichte, die Fasttage, die Heiligsprechung, das Fegefeuer und die Totenmessen". All das ist, wie er erklärt, im Buddhismus wahrscheinlich "zuerst aufgetreten". "Die Buddhisten", so heißt es, "sind in der Erfindung und Abhaltung der den beiden Religionen eigentümlichen Zeremonien der Römischen Kirche um fünf Jahrhunderte voraus."
In der Erklärung, wie diese Ähnlichkeiten entstanden, weist E. M. Layman auf einen gemeinsamen Ursprung hin. Er schreibt: "In der christlichen Ära . . . waren heidnische Einflüsse in buddhistischen Kulthandlungen offenbar geworden. . . . Wahrscheinlich waren auch einige religiöse Bräuche, die in der christlichen Kirche entstanden, heidnischen Einflüssen zuzuschreiben."
Trotz seiner weltweiten Erfolge erlitt der Buddhismus in seiner Heimat eine schwere Niederlage. Heute zählen sich weniger als 1 Prozent der Bevölkerung Indiens zum Buddhismus; 83 Prozent sind Hindus. Der Grund dafür ist nicht genau bekannt. Vielleicht war der Buddhismus so tolerant, daß er einfach von dem älteren Hinduismus wieder aufgesogen wurde. Oder die buddhistischen Mönche waren nachlässig, was die Führung der Laien betrifft. Entscheidend war jedoch der Einbruch des Islam in Indien. Es kam zu einer islamischen Herrschaft, und besonders in Nordindien traten viele zum Islam über.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war etwa ein Viertel der Bevölkerung muslimisch. Gleichzeitig kehrten viele Buddhisten zum Hinduismus zurück, da sie ihn wahrscheinlich für besser gerüstet hielten, dem islamischen Ansturm entgegenzuwirken. Der tolerante Hinduismus hieß sie mit einer herzlichen Umarmung willkommen und erleichterte ihnen die Rückkehr, indem der Buddha zum Gott ausgerufen wurde — eine Fleischwerdung Wischnus.
Das buddhistische "Gebet"
Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit dem Gebet ist es im Buddhismus korrekter, von "Meditation" zu sprechen. Selbstdisziplin und tiefe Meditation werden besonders im Zen-Buddhismus betont. Er gelangte im 12. Jahrhundert u. Z. nach Japan und gründet sich auf Ch'an, eine chinesische Art des Buddhismus, die auf den indischen Mönch Bodhidharma zurückgeht. Dieser ging im 6. Jahrhundert u. Z. nach China und übernahm bei der Schaffung des Ch'an vieles vom chinesischen Taoismus. Man sagt, daß er sich in einem Zornausbruch die Augenlider abschnitt, weil er beim Meditieren eingeschlafen war. Sie fielen zu Boden, schlugen Wurzeln und brachten die erste Teepflanze hervor. Diese Legende bildet die Grundlage für die Tradition des Teetrinkens, durch das sich die Zen-Mönche beim Meditieren wach halten.
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