Auch Japan ist für eine alte Volksreligion bekannt; sie wird als Mischung aus "polytheistischem Naturdienst und Ahnenkult" beschrieben. Zunächst war diese ethnische Religion namenlos. Doch als im 6. Jahrhundert u. Z. der Buddhismus nach Japan gelangte, lautete ein Name, der ihm gegeben wurde, Butsudo, "der Weg des Buddha". Um zwischen dieser und der einheimischen Religion unterscheiden zu können, wurde letztere als Schinto bekannt, "der Weg der kami".
Kami (die verschiedenen Götter oder Gottheiten) stehen im Mittelpunkt des Schintoismus. Kami kann irgendeine übernatürliche Macht oder irgendeinen Gott bezeichnen, das heißt Naturgötter, hervorragende Menschen, vergöttlichte Vorfahren oder sogar "Gottheiten, die ein Ideal verkörpern oder eine abstrakte Macht darstellen" (The Encyclopedia of Religion). Der Begriff Yaoyorozu-no-kami bedeutet buchstäblich acht Millionen Götter, aber er bezeichnet einfach "viele Götter", da die Zahl der Götter im Schintoismus ständig steigt. Die Menschen sind als Kinder der Kami göttlichen Ursprungs. Es geht also darum, in Einklang mit den Kami zu leben, um ihren Schutz und ihre Gunst zu verspüren.
Der Schintoismus legt zwar keinen Nachdruck auf Dogmen oder Theologie, doch er hat den Japanern einen Kodex von Werten vermittelt, ihr Verhalten geformt und ihre Denkweise geprägt. Er bietet ihnen Schreine, vor denen sie nach Belieben anbeten können.
Die Hauptrichtungen des Schintoismus stehen miteinander in Beziehung. Zwischen dem Schrein-Schinto und dem Volks-Schinto gibt es kaum bedeutsame Unterschiede. Der Sekten-Schinto hingegen besteht aus 13 Sekten, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden und in unterschiedlichem Maße Bestandteile des Konfuzianismus, des Buddhismus und des Taoismus enthalten.
Der buddhistische Einfluß auf den Schintoismus ist besonders ausgeprägt. Das erklärt, warum viele Japaner gleichzeitig Buddhisten und Schintoisten sind. Ein traditionelles japanisches Haus hat zwei Altäre, einen Schinto-Altar zur Verehrung der Kami und einen buddhistischen Altar zur Ahnenverehrung. Keiko, eine japanische junge Frau sagte: "Ich schulde meinen Vorfahren Achtung und bekunde diese durch den Buddhismus . . . Ich bin eine Japanerin, daher verrichte ich all die kleinen Schinto-Rituale." Dann fügte sie hinzu: "Und ich dachte, eine christliche Hochzeit sei wirklich etwas Schönes. Es ist zwar ein Widerspruch, aber was soll's!"
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Tao, seit Jahrtausenden Mittelpunkt des chinesischen Denkens, bedeutet "Weg". Im Laufe der Zeit wurde damit die rechte Handlungsweise im Einklang mit der natürlichen Wirkungsweise des Universums bezeichnet. Nach der Überlieferung war der Gründer ein Zeitgenosse des Konfuzius und trug den Titel Laotse, was "betagter Junge" oder "alter Meister" bedeutet. Einige behaupten, Laotse sei so genannt worden, weil er nach einer übernatürlichen Zeugung und einer Schwangerschaft, die sich über Jahrzehnte hingezogen habe, mit altersgrauem Haar geboren worden sei. Andere sind der Ansicht, man habe ihm den Titel aus Achtung vor seinen weisen Lehren verliehen.
Der Taoismus lehrt, daß ein Kind bei der Geburt mit einem gewissen Maß an "Uratem" oder Lebenskraft ausgestattet werde. Durch verschiedene Mittel wie Meditation, die Beachtung von Speisevorschriften, Atemkontrolle und sexuelle Beherrschung könne man ein unnötiges Entweichen dieses "Uratems" vermeiden. Ein langes Leben sei daher gleichbedeutend mit Heiligkeit.
Der menschliche Körper wird als Miniaturuniversum angesehen, das in Harmonie mit der Natur bleiben muß. Damit in Verbindung stehen die chinesischen Begriffe yin und yang, die buchstäblich die schattige und die sonnenbeschienene Seite eines Berges bezeichnen. yin und yang — grundlegend für die gesamte chinesische Philosophie — sind die entgegengesetzten, doch sich ergänzenden Elemente, aus denen alles in der Natur besteht. Die Encyclopedia of Religion erklärt: "yin herrscht in allem vor, was dunkel, schattig, kühl, naß, abnehmend, biegsam, irdisch und weiblich ist, wohingegen yang hell, heiß, trocken, zunehmend, unbeugsam und energisch, himmlisch und männlich ist."
Eine Anwendung dieses Prinzips ist feng-shui, eine Art chinesische Wahrsagerei, die im Deutschen als Geomantie bezeichnet wird. Mit ihrer Hilfe will man eine günstige Lage für Orte und Häuser, besonders aber für Gräber, ausfindig machen. Dadurch, daß die Yin-yang-Kräfte eines in Frage kommenden Geländes mit denen der Bewohner in Einklang gebracht werden, soll deren Wohlergehen gewährleistet werden. Helen Hardacre von der Princeton-Universität sagt, daß die richtige "Verknüpfung der kosmischen Kräfte den Toten nützen und ihren Übergang in eine andere Welt erleichtern soll".
Zwar sollte man sich bemühen, die Yin-yang-Kräfte im Gleichgewicht zu halten, doch ihr Naturzustand darf nicht gewaltsam verändert werden, denn dies gilt als nachteilig — eine Auffassung, die Passivität fördert. Ein alter Mönch erklärte 1986: "Der Taoismus lehrt, ruhig zu bleiben und nichts zu tun, das heißt, alles tun durch Nichtstun." Man hat die Kraft des Taoismus daher mit dem Wasser verglichen; trotz seiner Weichheit nützt es allen Geschöpfen.
Früher war es üblich, zwischen der Tao-Philosophie (4./3. Jahrhundert v. u. Z.) und der Tao-Religion (2./3. Jahrhundert u. Z.) zu unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht mehr so deutlich, da die Tao-Religion offensichtlich den taoistischen Philosophien, die ihr vorausgingen, entstammt. Hans-Joachim Schoeps, Professor für Religion, sagt, daß der Taoismus als Religion "nichts anderes ist als die Fortführung der uralten chinesischen Volksreligion. Und der Kern derselben ist ein simpler Geisterglaube. . . . Geister nisten überall und gefährden in jedem Augenblick Leben und Gesundheit der Menschen. . . . Im heutigen China ist also der Taoismus abgesunken zu einer Religionsform des Aberglaubens für die breiten Massen."
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Über Konfuzius weiß man zwar kaum etwas mit Sicherheit, doch ein bekanntes Nachschlagewerk sagt, daß er "zu den einflußreichsten Männern der Weltgeschichte gezählt werden muß". Er lebte etwa von 551 bis 479 v. u. Z. und war Lehrer, Philosoph und politischer Theoretiker. Sein Familienname lautete K'ung; später wurde er K'ung-fu-tse genannt, was "Meister K'ung" bedeutet. "Konfuzius" ist die latinisierte Form.
Konfuzius gründete keine neue Religion. The Viking Portable Library World Bible erklärt, daß er lediglich die Religion, "die seit undenklichen Zeiten in seinem Geburtsland bestand, organisierte, ihren Büchern eine Form gab, ihren Formalitäten Würde verlieh und ihre sittlichen Regeln betonte". Sein Hauptinteresse galt dem menschlichen Verhalten, nicht der Theologie. Er vermittelte in erster Linie eine gesellschaftliche Sittenlehre. Seine Versuche, ein politisches Amt zu bekleiden, rührten von dem übermächtigen Wunsch her, die Not seiner Landsleute zu lindern. Passenderweise wurde die Philosophie dieses Mannes, der eher ein enttäuschter Politiker als ein aufstrebender Religionsführer war, als "konfuzianischer Weg des Menschen" bezeichnet.
Er gab nicht viel auf die Religion seiner Tage, da sie in seinen Augen zum großen Teil aus Aberglauben bestand. Auf die Frage, ob er an Gott glaube, soll er geantwortet haben: "Ich möchte nicht darüber sprechen." Doch seine zahlreichen Bezugnahmen auf Tien, den "Himmel", werden von einigen dahin gehend gedeutet, daß er nicht lediglich an eine unpersönliche höhere Macht glaubte.
Konfuzius maß dem Familienleben hohen Wert bei, betonte die Achtung vor Autorität und legte Nachdruck auf ein harmonisches Gemeinschaftsleben. Er machte darauf aufmerksam, wie wichtig die Erziehung ist, um Fertigkeiten zu entfalten und Eigenschaften zu entwickeln, die dem Wohl anderer dienen. Auch hob er jen hervor, ein Wort, das Wohltätigkeit gegenüber der Menschheit im allgemeinen ausdrückt, im besonderen aber kindliche Ergebenheit und brüderliche Achtung. Er forderte zur Ahnenverehrung auf.
Diese typischen konfuzianischen Merkmale sind nach wie vor kennzeichnend für Asiaten, die im Konfuzianismus erzogen worden sind. Der Soziologe William Liu von der Chicagoer Universität von Illinois sagte, daß "die konfuzianische Sittenlehre Menschen veranlaßt, fleißig zu sein, hohe Leistungen zu erbringen und den Eltern zu geben, was sie ihnen schulden". Daher sind Immigranten aus Ländern mit starker konfuzianischer Prägung in den Vereinigten Staaten für außergewöhnlich gute akademische Leistungen bekannt.
Die Grundlage für den Konfuzianismus bildet die Sammlung der Wu Ching ("Fünf Klassiker"). Die "Vier Bücher" oder Ssu shu, die im 12. Jahrhundert hinzukamen, gelten als wesentlich für das konfuzianische Gedankengut. Zufolge ihres knappen Stils sind sie schwer verständlich.
Im 4. Jahrhundert u. Z. wurde die konfuzianische Lehre im Königreich Kokuryo (Nordkorea) verbreitet. Der Konfuzianismus gelangte möglicherweise zu Beginn des 5. Jahrhunderts u. Z. nach Japan. Währenddessen bildete sich in China ein anderer "Weg" heraus.
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"Die ersten Bildnisse des Buddhas wurden von den Griechen angefertigt", schreibt E. M. Layman. Die Buddhisten behaupten, diese Statuen würden nicht angebetet, sondern dienten lediglich als Hilfe, dem großen Lehrer Verehrung und Achtung entgegenzubringen. Mitunter wird der Buddha stehend dargestellt, doch meistens sieht man ihn im Schneidersitz mit nach oben gerichteten Fußsohlen. Wenn seine Hände aufeinanderliegen, ist er in Meditation versunken; wenn seine rechte Hand in Kinnhöhe erhoben ist, segnet er; und wenn der Daumen der rechten Hand den Zeigefinger berührt oder beide Handflächen vor der Brust aneinanderliegen, lehrt er. Die Ruhelage zeigt ihn im Augenblick seines Übergangs in das Nirwana.
So, wie seine Positur unterschiedlich dargestellt wird, gibt es auch Unterschiede in seiner Lehre. 200 Jahre nach seinem Tod sollen bereits 18 verschiedene Versionen des Buddhismus existiert haben. Heute, 25 Jahrhunderte nach Gautamas "Erleuchtung", gibt es zahlreiche buddhistische Auslegungen, wie das Nirwana zu erreichen sei.
Erik Zürcher von der Universität Leiden (Niederlande) erklärt, daß es "im Buddhismus drei grundlegende Richtungen" gibt, "jede mit eigenen Lehrmeinungen, Kulthandlungen, heiligen Schriften und ikonographischen Überlieferungen". Diese Richtungen werden in der buddhistischen Terminologie als Fahrzeuge bezeichnet, weil sie gleich einer Fähre den Menschen über den Lebensfluß bringen, bis er schließlich das Ufer der Befreiung erreicht hat. Dann kann er das Fahrzeug unbesorgt verlassen. Der Buddhist vertritt die Ansicht, daß die Art des Reisens — die Art des Fahrzeugs — unwesentlich ist. Worauf es ankommt, ist, ans Ziel zu gelangen.
Zu diesen Fahrzeugen gehört der Theravada-Buddhismus, der den Lehren Buddhas recht nahe geblieben ist und besonders in Birma, Sri Lanka, Laos, Thailand und Kamputschea (früher Kambodscha) vertreten ist. Der Mahajana-Buddhismus, der in China, Korea, Japan, im Tibet und in der Mongolei vorherrscht, ist liberaler und hat seine Lehren darauf abgestimmt, mehr Leute zu erreichen. Aus diesem Grund wird er als großes Fahrzeug bezeichnet im Gegensatz zu Theravada, dem kleinen Fahrzeug. Wadschrajana, das Diamantfahrzeug, das allgemein als Tantrismus oder esoterischer Buddhismus bekannt ist, verbindet das Ritual mit dem Betreiben von Yoga, wodurch angeblich das Erreichen des Nirwana beschleunigt wird.
Diese drei Richtungen sind in viele Schulen aufgespalten, die alle gewisse wesentliche Elemente unterschiedlich auslegen, was oft daran liegt, daß besonderer Nachdruck auf bestimmte Teile der buddhistischen Schriften gelegt wird. Und da der Buddhismus, wie E. Zürcher ausführt, "mehr oder weniger von örtlichen Anschauungen und Bräuchen beeinflußt wurde", brachten diese Schulen bald etliche ortsgebundene Sekten hervor. Ähnlich wie die Christenheit mit ihren Tausenden von Sekten und Untergruppen hat der Buddha sozusagen viele Gesichter.
Wie der Judaismus und das vorgebliche Christentum hat sich der Buddhismus nicht mit einem religiösen Tätigkeitsfeld begnügt, sondern er hat das politische Denken und Verhalten mit geformt. "Zur ersten Verschmelzung von Buddhismus und politischer Betätigung kam es während der Herrschaft König Aschokas", schreibt Jerrold Schecter. Die politische Betätigung hat sich bis heute fortgesetzt. In der zweiten Hälfte des Jahres 1987 wurden in Lhasa 27 tibetische buddhistische Mönche verhaftet, weil sie an antichinesischen Demonstrationen teilgenommen hatten. Und die Mitwirkung des Buddhismus im Vietnamkrieg der 60er Jahre veranlaßte Schecter zu der Schlußfolgerung: "Der friedliche Pfad des Mittleren Weges ist abgebogen in Richtung der neuen Gewalt bei Straßendemonstrationen. . . . Der Buddhismus in Asien ist ein in Flammen aufgehender Glaube."
Mit den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und sittlichen Mißständen des Westens unzufrieden, wenden sich viele auf der Suche nach einer Erklärung östlichen Religionen zu, beispielsweise dem Buddhismus. Kann aber "ein in Flammen aufgehender Glaube" die Lösung bieten? Wie ist nach Emersons Aussage, der Prüfstein für eine Religion sei die Anzahl der Dinge, die sie erklären könne, die Erleuchtung Gautamas zu beurteilen? Schneiden andere asiatische Religionen besser ab?
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Der Buddhismus fand von Anfang an gute Aufnahme. Eine Gruppe von Materialisten, Charvakas genannt, hatte bereits den Weg dafür gebahnt. Sie lehnten die heiligen Schriften des Hinduismus ab, spotteten über den Glauben an Gott und leugneten die Religion im allgemeinen. Ihr Einfluß war nachhaltig, und sie hinterließen gemäß Will Durant "eine Leere, die nahezu das Wachsen einer neuen Religion erzwang". Diese Leere und "der geistige Verfall der alten Religion" führten zu der Entstehung der zwei großen Reformbewegungen jener Zeit — Buddhismus und Dschainismus.
Mitte des 3. Jahrhunderts v. u. Z. trug König Aschoka, dessen Reich einen Großteil des indischen Subkontinents umfaßte, sehr zur Ausbreitung des Buddhismus bei. Er betonte die Mission, indem er nach Ceylon (Sri Lanka) und möglicherweise auch in andere Länder Missionare aussandte. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung verbreitete sich der Buddhismus in ganz China. Von dort aus gelangte er über Korea nach Japan. Im 6. und 7. Jahrhundert u. Z. war er in Ost- und Südostasien überall vorzufinden. Heute gibt es weltweit über 300 Millionen Buddhisten.
Doch schon vor König Aschoka hatte sich der Buddhismus ausgebreitet. "Gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. gab es in Athen buddhistische Missionare", schreibt E. M. Layman. Auch sagt er, daß nach der Entstehung des Christentums die ersten christlichen Missionare überall, wohin sie gingen, auf die buddhistische Lehre stießen. Als die ersten katholischen Missionare nach Japan kamen, wurden sie sogar für Vertreter einer neuen buddhistischen Sekte gehalten. Wie kam das?
Die beiden Religionen hatten offensichtlich vieles gemein. Gemäß dem Historiker Durant gehörten dazu "die Reliquienverehrung, der Gebrauch von Weihwasser, Kerzen und Weihrauch, der Rosenkranz, die geistlichen Gewänder, eine liturgische tote Sprache, Mönche und Nonnen, die Klostertonsur und der Zölibat, die Beichte, die Fasttage, die Heiligsprechung, das Fegefeuer und die Totenmessen". All das ist, wie er erklärt, im Buddhismus wahrscheinlich "zuerst aufgetreten". "Die Buddhisten", so heißt es, "sind in der Erfindung und Abhaltung der den beiden Religionen eigentümlichen Zeremonien der Römischen Kirche um fünf Jahrhunderte voraus."
In der Erklärung, wie diese Ähnlichkeiten entstanden, weist E. M. Layman auf einen gemeinsamen Ursprung hin. Er schreibt: "In der christlichen Ära . . . waren heidnische Einflüsse in buddhistischen Kulthandlungen offenbar geworden. . . . Wahrscheinlich waren auch einige religiöse Bräuche, die in der christlichen Kirche entstanden, heidnischen Einflüssen zuzuschreiben."
Trotz seiner weltweiten Erfolge erlitt der Buddhismus in seiner Heimat eine schwere Niederlage. Heute zählen sich weniger als 1 Prozent der Bevölkerung Indiens zum Buddhismus; 83 Prozent sind Hindus. Der Grund dafür ist nicht genau bekannt. Vielleicht war der Buddhismus so tolerant, daß er einfach von dem älteren Hinduismus wieder aufgesogen wurde. Oder die buddhistischen Mönche waren nachlässig, was die Führung der Laien betrifft. Entscheidend war jedoch der Einbruch des Islam in Indien. Es kam zu einer islamischen Herrschaft, und besonders in Nordindien traten viele zum Islam über.
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war etwa ein Viertel der Bevölkerung muslimisch. Gleichzeitig kehrten viele Buddhisten zum Hinduismus zurück, da sie ihn wahrscheinlich für besser gerüstet hielten, dem islamischen Ansturm entgegenzuwirken. Der tolerante Hinduismus hieß sie mit einer herzlichen Umarmung willkommen und erleichterte ihnen die Rückkehr, indem der Buddha zum Gott ausgerufen wurde — eine Fleischwerdung Wischnus.
Das buddhistische "Gebet"
Trotz gewisser Ähnlichkeiten mit dem Gebet ist es im Buddhismus korrekter, von "Meditation" zu sprechen. Selbstdisziplin und tiefe Meditation werden besonders im Zen-Buddhismus betont. Er gelangte im 12. Jahrhundert u. Z. nach Japan und gründet sich auf Ch'an, eine chinesische Art des Buddhismus, die auf den indischen Mönch Bodhidharma zurückgeht. Dieser ging im 6. Jahrhundert u. Z. nach China und übernahm bei der Schaffung des Ch'an vieles vom chinesischen Taoismus. Man sagt, daß er sich in einem Zornausbruch die Augenlider abschnitt, weil er beim Meditieren eingeschlafen war. Sie fielen zu Boden, schlugen Wurzeln und brachten die erste Teepflanze hervor. Diese Legende bildet die Grundlage für die Tradition des Teetrinkens, durch das sich die Zen-Mönche beim Meditieren wach halten.
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Nach der Überlieferung wurde er rund 600 Jahre vor der Geburt Christi im nordindischen Reich der Schakjas geboren, trug den Namen Siddhartha Gautama und war ein Prinz. Er wurde auch Schakjamuni (Weiser aus dem Geschlecht der Schakjas) und Tathagata genannt — ein Titel von ungewisser Bedeutung. Die meisten kennen ihn unter seinem bekannteren Titel: der Buddha.
Gautama wuchs an einem Fürstenhof auf. Mit 29 Jahren wurde ihm plötzlich das Elend um ihn herum bewußt. Er suchte nach einer Erklärung, ähnlich wie Menschen von heute, die sich nach dem Grund für die Schlechtigkeit und das Leid fragen. So verließ er seine Frau und seinen kleinen Sohn und floh in die Öde, wo er sechs Jahre lang das Leben eines Asketen führte. Er schlief auf Dornen und ernährte sich eine Zeitlang von einem einzigen Reiskorn täglich. Aber das brachte ihm nicht die Erleuchtung.
Im Alter von ungefähr 35 Jahren entschied sich Gautama für einen gemäßigteren Weg, den er als Mittleren Weg bezeichnete. Er gelobte, so lange unter einem Feigenbaum sitzen zu bleiben, bis er die Erleuchtung empfangen würde. Nach einer Nacht der Visionen glaubte er schließlich, das Ziel erreicht zu haben. Seitdem ist er als der Buddha bekannt, was "der Erleuchtete" bedeutet. Doch Gautama erhob nicht als einziger Anspruch auf diesen Titel. Daher wird immer ein Artikel gebraucht, ein Buddha oder, in Gautamas Fall, der Buddha.
Die Hindugötter Indra und Brahma sollen den Buddha gebeten haben, anderen seine neugefundenen Wahrheiten zu verkünden. Dies tat er auch. Obwohl der Buddha die Toleranz des Hinduismus übernahm, der allen Religionen einen Wert zuerkennt, lehnte er das Kastensystem und die vielen Tieropfer ab. Er verwarf die Behauptung, die hinduistischen Veden seien Schriften göttlichen Ursprungs.
Zwar leugnete er nicht die Möglichkeit der Existenz Gottes, aber er wies die Vorstellung von einem Schöpfergott zurück. Das Gesetz der Ursache, so erklärte er, sei ohne Anfang. Und er ging weiter als der Hinduismus, indem er in seiner ersten Predigt verhieß: "Dies, o Mönche, ist jener Mittlere Weg, der Einsicht verleiht, der Erkenntnis verleiht, der zu Frieden, höherer Erkenntnis, zur Erleuchtung, zum Nirwana führt."
Was ist das Nirwana? "Es ist schwierig, auf diese Frage eine Antwort zu finden, die nicht irgendwie zutrifft", schreibt der Historiker Will Durant, "denn der Meister ließ diesen Punkt im dunkeln, und seine Anhänger gaben dem Worte jede erdenkliche Bedeutung." "Es gibt keine einheitliche buddhistische Ansicht", heißt es in der Encyclopedia of Religion, denn die Vorstellung vom Nirwana "richtet sich nach der Kultur, der geschichtlichen Zeitspanne, der Sprache, der Schule und sogar nach der Einzelperson". Ein Autor bezeichnet es als "völliges Erlöschen der Begierde, Unendlichkeit der Leere, die keinen Zeitbegriff kennt, . . . ewige Todesruhe ohne Wiedergeburt". Andere sagen mit Bezug auf die Sanskritwurzel des Wortes, die die Bedeutung von "ausblasen" hat, es sei wie eine Flamme, die erlischt, wenn der Brennstoff aufgebraucht ist. In jedem Fall verheißt das Nirwana Befreiung.
Der Buddha faßte die Notwendigkeit der Befreiung in den vier edlen Wahrheiten zusammen: Leben ist Leiden; Leiden entsteht durch die Lebensgier, durch Lust und Begehren; der Weg der Weisheit ist, diese Gier zu unterdrücken; das wird durch den achtfachen Pfad erreicht. Dieser Pfad umfaßt rechte Anschauung, rechte Absicht, rechtes Reden, rechtes Handeln, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Überdenken und rechtes Sichversenken.
Menschen und Stätten im Buddhismus
Adam's Peak: Berg in Sri Lanka, der als heilig gilt; ein Abdruck in seinem Gestein wird von Buddhisten als der Fußabdruck des Buddhas betrachtet, von Muslimen als der Adams und von Hindus als der Schiwas.
Bodhi-Baum: Der Feigenbaum, unter dem Gautama zum Buddha wurde; bodhi bedeutet "Erleuchtung"; ein Sproß des Baumes soll noch existieren und wird in Anuradhapura (Sri Lanka) verehrt.
Buddhistische Mönche: Sie sind an ihren charakteristischen Gewändern zu erkennen und sind bedeutende Personen im Buddhismus; sie geloben, wahrheitsliebend zu sein, Menschen und Tiere mitfühlend zu behandeln, das tägliche Brot zu erbitten, Vergnügen zu meiden und in Keuschheit zu leben.
Dalai-Lama: Weltlicher und religiöser Führer Tibets, der von Buddhisten als Reinkarnation des Buddhas angesehen wird und 1959 ins Exil gehen mußte; das Wort dalai, das sich von dem mongolischen Wort für "Meer" herleitet, bedeutet großes Wissen; lama bezeichnet einen geistlichen Lehrer (wie der Guru in Sanskrit). Gemäß Nachrichtenmeldungen gab der Dalai-Lama bei den tibetischen Demonstrationen im Jahre 1987 "zivilem Ungehorsam seinen Segen, verurteilte aber Gewalt", worauf er von Indien, seinem Gastland, darauf hingewiesen wurde, daß er durch politische Erklärungen seinen Aufenthalt im Land gefährde.
Zahntempel: Buddhistischer Tempel in Kandy (Sri Lanka), in dem ein Zahn, der angeblich vom Buddha stammte, als Reliquie aufbewahrt wird.
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Rund 2 000 Jahre später, im 15. Jahrhundert, kam ein Reformer, der den Namen Nanak trug. Er versuchte eine Religion zu schaffen, die sowohl für Hindus als auch für Muslime annehmbar war. So entstand der Sikhismus. "Sikh" ist ein Wort aus dem Sanskrit, das "Jünger" bedeutet. Nanak war der erste von zehn Gurus, von denen der zehnte 1699 eine Bruderschaft mit Namen Khalsa (die Reinen) gründete.
Um Kastenunterschiede auszumerzen und Nachdruck darauf zu legen, daß sie Streiter für ihren Glauben waren, nahmen die Gläubigen den gemeinsamen Beinamen Singh (Löwe) an. Von ihnen wurde das Tragen der fünf K verlangt: das niemals geschorene Haar von Bart und Haupt (kes), ein Kamm (kangha), um das von einem Turban bedeckte Haar zu befestigen, kurze Hosen (kaccha) — meist unter langen Hosen getragen —, ein Dolch (kirpan) und ein stählernes Armband (kara). Die Nachfolge der Gurus endete mit dem zehnten. Das heilige Buch des Sikhismus, der Guru Granth Sahib, trat an ihre Stelle. Er wurde 1604 zusammengestellt und ein Jahrhundert später überarbeitet.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts versuchte der kalkuttische Priester Ramakrishna, den Hinduismus mit dem zu vermischen, was er als das Beste des westlichen religiösen Gedankenguts betrachtete. Er argumentierte, daß, so wie das Wasser in verschiedenen Sprachen verschiedene Namen hat, "Sat-chit-ananda, das ewige, intelligente, selige Wesen, von einigen als Gott, von anderen als Allah, als Jehova, als Hari oder als Brahman angerufen wird". So, "wie man das Dach eines Hauses über eine Treppe, mit einer Leiter, einem Bambusrohr oder einem Seil erreichen kann, so sind auch die Mittel und Wege verschieden, sich Gott zu nahen. . . . Verschiedene Glaubensrichtungen sind nur verschiedene Wege zum Allmächtigen."
Diese tolerante Haltung gewährt großen Spielraum in der hinduistischen Anbetung. Sie gestattet es, daß einige Sekten ihre Anbetung vorwiegend an Brahma (Brahmanismus) richten, andere an Wischnu (Wischnuismus) und noch andere an Schiwa (Schiwaismus).
Sie erlaubt es dem volkstümlichen Hinduismus, dem Schaktismus und dem Tantrismus, den Hinduismus auf ihre Art zu lehren. Die Anhänger des Tantrismus beispielsweise pflegen Stammes- und Volksbräuche und verehren eine Göttin, deren Anbetung schon früh in der Geschichte des Hinduismus aufkam. Die Inder sprechen von ihrem Land als "Mutter Indien", und es wird durch eine Göttin namens Bharat Ma dargestellt.
"Dem Hinduismus ist es stets gelungen, neue Lehren in sich aufzunehmen", schreibt Geoffrey Parrinder, englischer Theologe und Lehrbeauftragter für vergleichende Religionswissenschaft. "Dieser Synkretismus, das heißt die Verschmelzung von Religionen, ist wahrscheinlich die größte Gemeinsamkeit in der hinduistischen Lehre von heute."
Viele schließen sich der hinduistischen Philosophie der Toleranz an und sagen in etwa: "Diene Gott auf eine Weise, wie es dir richtig erscheint."
Doch Parrinder weist darauf hin, daß zufolge der "Gleichsetzung aller Glaubensansichten" die Gefahr besteht, "nicht mehr zwischen gut und schlecht zu unterscheiden". Wird es aber nicht immer offensichtlicher, daß Religion sowohl gut als auch schlecht sein kann? Ist es wünschenswert, Elemente einer schlechten Religion in die eigene aufzunehmen?
Heute sind viele von ihrer Religion enttäuscht. So erging es auch einem Hindu von der herrschenden Kaste der Kschatrijas, der vor etwa zweieinhalb Jahrtausenden lebte. Der Hinduismus konnte seine Fragen nicht beantworten. Er suchte nach der Erleuchtung.
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Der Vedismus kennt viele Götter. Doch wie in dem Buch Concepts of Indian Philosophy erklärt wird, empfanden seine Anhänger dies als unbefriedigend, so daß "sie sich allmählich einer monotheistischen Vorstellung von einer Gottheit zuwandten. . . . Ein Prozeß bestand darin, alle früheren Götter zusammenzufügen . . ., um einen begrifflichen Gott hervorzubringen." Brahma wurde daher zu einem unpersönlichen Gott ohne irgendwelche Eigenschaften, der sich aber in verschiedenen Gottheiten verkörperte.
Der Wunsch, Mokscha zu erlangen, gründet sich auf die, wie es der Historiker Will Durant ausdrückt, "Abneigung gegen das Leben . . ., die dunkel durch die ganze indische Gedankenwelt zieht". Diese düstere, pessimistische Grundhaltung kommt deutlich in der Maitri Upanischad zum Ausdruck, in der es heißt: "In diesem mit Leidenschaft, Zorn, Begierde, Wahn, Furcht, Verzagtheit, Neid, Trennung von Liebendem, Bindung an Unliebes, Hunger, Durst, Alter, Tod, Krankheit, Kummer und dergleichen behafteten Leibe — wie mag man nur Freude genießen!"
Eine Möglichkeit, diesem unerfreulichen Zustand abzuhelfen, wird in den Puranas genannt, einer Reihe von Schriften, die wahrscheinlich in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung verfaßt wurden. Der Name bedeutet "alte Erzählungen"; sie waren weit verbreitet und galten als die Schriften des einfachen Mannes. Im Garuda Purana wird behauptet: "Wahres Glück liegt in der Auslöschung aller Gefühlsregungen. . . . Gefühl geht mit Elend einher. . . . Sage dich von Gefühlen los, und du wirst glücklich sein." Leider ist diese Lösung wohl fast ebenso trostlos wie der Zustand des Unglücklichseins, dem sie abhelfen soll.
Bereits vorher empfahl die Bhagawadgita ("Gesang des Erhabenen"), die mitunter als "wichtigstes Buch, das je in Indien geschrieben wurde", bezeichnet wird, drei Wege, die Befreiung zu erlangen. "Der Weg des Handelns" betonte die Erfüllung ritueller und sozialer Pflichten, "der Weg der Erkenntnis" schloß Meditation und Yoga ein, und "der Weg der Hingabe" beinhaltete die Ergebenheit gegenüber einem persönlichen Gott. Die Bhagawadgita ist mit dem "Neuen Testament" der Christenheit verglichen worden. Die meisten Inder kennen einige ihrer Verse auswendig, und viele singen jeden Tag auswendig gelernte Passagen davon.
Die Bhagawadgita ist eigentlich nur ein kleiner Teil des Mahabharata, das hunderttausend Verse hat und damit das längste Gedicht der Weltliteratur ist. Mit der Aufnahme der Bhagawadgita in das Mahabharata (wahrscheinlich im 3. Jahrhundert v. u. Z.) wurde der Hinduismus schließlich zu einer vom Vedismus und Brahmanismus getrennten Religion.
Seit den Anfängen kennzeichnet sich der Hinduismus durch ständige Reformen. Unter den Reformern des 6. Jahrhunderts v. u. Z. stechen Siddhartha Gautama, der Begründer des Buddhismus, und Wardhamana Mahavira, der Begründer des Dschainismus, hervor.
Mahavira betrachtete sich selbst als 24. einer Reihe von Dschinas (Sieger), auf deren Leben sich der Dschainismus gründet. Diese Religion unterscheidet sich insofern vom Hinduismus, als sie einen Schöpfer ablehnt und lehrt, die Welt habe schon immer existiert. Sie legt besonderen Wert auf die Lehre des Ahimsa. Der Weg der Gewaltlosigkeit, den der indische Führer Mohandas Gandhi aus dem 20. Jahrhundert während seines Kampfes um die Unabhängigkeit Indiens ging, war eigentlich eine politische Umsetzung dieser religiösen Lehre.
Nach dem Dschainismus führen rechter Glaube, rechte Erkenntnis und rechtes Verhalten, verbunden mit dem Betreiben von Yoga, zur Erlösung. Gleichzeitig wird behauptet, alles sei im Grunde eine Sache des Standpunktes, so daß absolute Maßstäbe für Recht und Unrecht ausgeschlossen werden. Dadurch wird die Toleranz des Hinduismus hervorgehoben, dem der Dschainismus entstammt.
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Ramakrishna: "Jeder Mensch soll seine eigene Religion ausüben"
Der Hinduismus ist jedenfalls eine alte Religion. Er hat seinen Ursprung im Industal, heute Pakistan. Um 1500 v. u. Z. wanderten die Indoarier in diese Gegend ein. Da sie bestimmte Werke mit heiligem Wissen (veda) in Verbindung brachten, wird ihre Religion als Vedismus bezeichnet. Sie enthielt gewisse Elemente aus der Religion der Vorfahren der heutigen Iraner. Gemäß der Encyclopaedia of Religion and Ethics besteht sogar die Möglichkeit, daß babylonischer Einfluß mitwirkte, denn sie spricht von "verschiedenen Verbindungslinien zwischen der babylonischen und der frühen hinduistischen Kultur". Die Religion der Urbevölkerung baute sich auf diesen fremden Elementen auf, wobei unter dem Einfluß anderer Religionen im Laufe der Jahre neue Glaubensansichten hinzukamen und andere wegfielen. Somit ist der Hinduismus das Ergebnis fortlaufender Hinzufügungen zahlreicher Elemente aus vielen Quellen.
Die Indoarier legten die Grundlage für das hinduistische Kastensystem. Zu den vier ursprünglichen Kasten kamen immer mehr hinzu, so daß es später mehrere tausend Unterkasten gab. Die vier Kasten gehen angeblich auf die verschiedenen Körperteile von purusa zurück — Sanskrit für "Person" oder "Mensch" mit Bezug auf den Urvater der Menschheit.
Die Brahmanen, die aus seinem Mund hervorgegangen sein sollen, waren geistliche Führer; die aus seinen Armen hervorgegangenen Kschatrijas waren Herrschende und Krieger; die Waischjas, die von seinen Schenkeln stammten, waren Bauern, Handwerker und Händler; und die aus seinen Füßen hervorgegangenen Schudras waren Knechte. Die "Unberührbaren" waren Kastenlose, deren Tätigkeitsbereich rituell unreine Handlungen einschloß. Obwohl Indien und Pakistan die schlimmsten Auswüchse des hinduistischen Kastensystems vor rund 40 Jahren abschafften, besteht es im wesentlichen fort.
Eine Zeitlang waren Tieropfer ein wichtiger Bestandteil der Rituale, so daß eine Priesterschaft für die damit verbundenen Zeremonien erforderlich war. Die Brahmanen erhielten so große Macht, daß ein Zweig der Religion als Brahmanismus bekannt wurde. "Die Priester wurden mehr gefürchtet und geehrt als die Götter da die Priester durch eine bloße Änderung des Rituals Feinde vernichten konnten." Während die Opferriten komplizierter wurden, setzte eine Entwicklung ein, die die Askese oder Abtötung der Begierden betonte.
Eine grundlegende Lehre ist der Geburtenkreislauf (Samsara). Diese Lehre wurde spätestens in den Upanischaden dargelegt, der Sammlung hinduistischer Schriften, die höchstwahrscheinlich aus der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends v. u. Z. stammt. Die Upanischaden lehren, nach dem Tod und einem Zwischenaufenthalt im Himmel oder in der Hölle werde der einzelne gemäß dem Gesetz des Karmas als Mensch oder Tier auf einer höheren oder niedrigeren Stufe als zuvor wiedergeboren. Das Lebensziel besteht darin, Mokscha zu erlangen, die Erlösung aus dem unbarmherzigen Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, und somit in dem Urprinzip, Brahma genannt, aufzugehen.
Wie erklären Hindus den Geburtenkreislauf?
Die Bhagawadgita sagt: "Wie ein Mann abgetragene Kleider ablegt und andere, neue anzieht, so legt auch die Seele die abgetragenen Körper ab und geht in andere, neue ein." Das Garuda Purana erklärt, daß "es die Werke dieses Selbst in einem früheren Leben sind, die die Art des Organismus im nächsten Leben bestimmen . . . Ein Mensch erhält im Leben das, was ihm bestimmt ist, und selbst ein Gott kann daran nichts ändern." Zur Veranschaulichung zitiert das Markandeya Purana jemanden wie folgt: "Ich wurde als Brahmane, als Kschatrija, als Waischja und als Schudra geboren und wieder als wildes Tier, als Wurm, als Hirsch und als Vogel."
Sind Kühe den Hindus heilig?
Sowohl der Rigweda als auch das Awesta bezeichnen Kühe als "Lebewesen, die nicht getötet werden dürfen". Aber dies gründet sich wohl eher auf das Ahimsa als auf den Glauben an eine Wiedergeburt. Doch das Markandeya Purana zeigt, wie schwerwiegend es ist, dieses Gesetz zu mißachten: "Wer eine Kuh tötet, muß drei aufeinanderfolgende Leben in der Hölle verbringen."
Was bedeutet den Hindus der Ganges?
"Heilige, die durch das Baden in den Wassern dieses Flusses gereinigt sind und deren Herz Kesava (Wischnu) ergeben ist, erlangen die endgültige Befreiung. Der heilige Fluß reinigt Tag für Tag alle Lebewesen, wenn sie von ihm hören, ihn ersehnen, sehen, berühren, darin baden oder ihn besingen. Und selbst wer hundert Yoyanas (1 400 km) von ihm entfernt lebt und "Ganga und Ganga" ausruft, wird von den Sünden seiner vergangenen drei Leben befreit" (Wischnu Purana).
Was ist die Hare-Krischna-Bewegung?
Es handelt sich dabei um die Internationale Gesellschaft für Krischna-Bewußtsein, eine missionierende Form des hingebungsvollen Hinduismus. A. C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, ihr Gründer, brachte seine Botschaft 1965 in die Vereinigten Staaten. Sie hat Elemente der hinduistischen Askese übernommen, stellt die Anbetung des Gottes Krischna in den Mittelpunkt und betont das Singen des Hare-Krischna-Mantras. Bhaktivedanta betrachtete das bloße Nennen des Gottesnamens als ausreichend, um das Heil zu erlangen.
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Einen einheitlichen Kanon zu erstellen war nicht immer leicht und manchmal sogar unmöglich. In der Encyclopedia of Religion wird zum Beispiel von der buddhistischen Literatur gesagt, daß sie unter den religiösen Schriften der Welt insofern einzigartig ist, als es eine Reihe von Kanons gibt. Es heißt: "Die Schriftensammlungen weichen erheblich voneinander ab, und es gibt nur wenige Texte, die in jeder Überlieferung zu finden sind." Diese Verwirrung führte zur Bildung von Sekten und zur Entstehung dessen, was als die "achtzehn Schulen" des buddhistischen Gedankenguts bezeichnet wird.
Im Hinduismus dagegen wird ein Unterschied gemacht zwischen einem anerkannten Kanon und anderen Schriften, die einen weniger heiligen Rang haben. Die Gruppe der heiligen hinduistischen Schriften, die Schruti genannt werden, das heißt "Lernen durch Hören", bezeichnet die ursprünglichen Offenbarungen und schließt die Veden und die Upanischaden ein. Die Smriti, was "Erinnerung" bedeutet, ergänzen die Schruti, erklären sie und erweitern sie. Somit werden die Smriti als untergeordnet oder halbkanonisch betrachtet, obwohl die Hindus das, was sie über ihre Religion wissen, zum größten Teil daraus herleiten.
Auch die Christenheit hatte es schwer, einen Kanon für die Bibel aufzustellen. Die katholische Kirche und die meisten orthodoxen Kirchen betrachten einige oder alle der 13 zusätzlichen Bücher als deuterokanonisch, das heißt "zum zweiten (oder späteren) Kanon gehörend". Protestanten bezeichnen sie als apokryph, was ursprünglich "sorgsam verborgen" bedeutete, weil sie nicht öffentlich vorgelesen wurden. Heute legt dies nahe, daß ihre Echtheit zweifelhaft ist. James H. Charlesworth vom theologischen Seminar in Princeton sagt: "Als der Kanon der Schriften festgelegt wurde, zuerst von jüdischen und dann von christlichen Autoritäten, gehörten diese Schriften nicht dazu, und sie verloren rasch an Einfluß und Bedeutung." Erst 1546 zählte sie das Konzil von Trient zum biblischen Kanon.
Das Sprichwort: "Was geschrieben ist, bleibt" deutet an, wie gefährlich es ist, Informationen nur mündlich weiterzugeben. Wichtige Einzelheiten können in Vergessenheit geraten; durch geringfügige Veränderungen können Bedeutungsschattierungen hinzukommen, die ursprünglich nicht beabsichtigt waren. Somit ist es bedeutsam, daß von den heiligen Überlieferungen die Bibel eine der ersten war, die schriftlich festgehalten wurden. Moses vollendete den ersten Teil im Jahre 1513 v. u. Z.
Nicht alle heiligen Schriften erheben Anspruch auf göttliche Urheberschaft oder fordern weite Verbreitung und Zugänglichkeit für alle Völker. Die hinduistischen Upanischaden (was "Nahesitzen" bedeutet) wurden beispielsweise so genannt, weil die Lehrer ihre geheimen Lehren ihren Lieblingsschülern anzuvertrauen pflegten "denen, die ihnen "nahe saßen". "Der Begriff upanisad beinhaltet somit ein esoterisches Element", erläutert die Encyclopedia of Religion. "Die Upanischaden erklären ausdrücklich, daß solche Lehren nicht für das gemeine Volk bestimmt waren, . . . sondern nur von erlesenen Zuhörern gehört werden sollten."
Ähnlich galt der arabische Koran als Buch, das nur für Araber bestimmt war. Und das trotz der Tatsache, daß der Sprecher fast ausschließlich als Gott selbst ausgegeben wird, als der Schöpfer aller Völker. Den Koran in andere Sprachen zu übersetzen gilt als unangebracht; daher darf nur der arabische Text zitiert und für rituelle Zwecke verwendet werden.
Die Bibel macht hingegen deutlich, daß ihre Botschaft nicht einer bestimmten Gruppe vorbehalten ist. Das ist in Einklang mit der Feststellung, daß sie nicht "Menschenwort", sondern das "Wort Gottes" ist.
1. Thessalonicher 2:13: "In der Tat, darum danken wir Gott auch unablässig, denn als ihr Gottes Wort, das ihr von uns hörtet, empfingt, habt ihr es nicht als Menschenwort angenommen, sondern als das, was es wahrhaftig ist, als das Wort Gottes, das auch in euch, den Gläubigen, wirksam ist."
Ihre Befürworter bemühen sich um eine weite Verbreitung des Buches und argumentieren, jeder habe das gleiche Recht, aus den weisen Worten seines Schöpfers Nutzen zu ziehen. Bis zum Ende des Jahres 1987 war die ganze Bibel oder Teile davon in 1 884 Sprachen oder Dialekte übersetzt worden. Im Jahre 1977 wurde die Verbreitung der Bibel vom Book of Lists auf 2,46 Milliarden Exemplare geschätzt, doch, wie es hieß, ist es höchstwahrscheinlich richtiger, von 3 Milliarden zu sprechen.
Der englische Philosoph Alfred Whitehead schrieb 1933: "Keine Religion kann getrennt von ihren Anhängern betrachtet werden." Demgemäß kann eine Religion auf der Grundlage, welche Art Menschen sie hervorbringt, als wahr oder falsch, gut oder schlecht beurteilt werden. Und natürlich werden die Gläubigen von ihren heiligen Schriften "in dem Maße, wie sie ihre Lehren anwenden" geformt.
Heilige Schriften sollten die rechte Anleitung geben.
2. Timotheus 3:16, 17: "Die ganze Schrift ist von Gott inspiriert und nützlich zum Lehren, zum Zurechtweisen, zum Richtigstellen der Dinge, zur Erziehung in der Gerechtigkeitdamit der Mensch Gottes völlig tauglich sei, vollständig ausgerüstet für jedes gute Werk."
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