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Freitag, 7. Juni 2013
RELIGION, WISSENSCHAFT, AUFKLÄRUNG UND INDUSTRIALISIERUNG – 3. Teil

Zu der aufsehenerregendsten Konfrontation zwischen der Religion und der Wissenschaft kam es nach der Veröffentlichung von Darwins Buch Die Entstehung der Arten (1859), in dem er seine Evolutionstheorie darlegte. Anfänglich verurteilte die Geistlichkeit — besonders in England und in den Vereinigten Staaten von Amerika — die Theorie aufs schärfste. Doch der Widerstand ließ bald nach. In dem Werk The Encyclopedia of Religion heißt es, daß sich die meisten Geistlichen, die sich mit dem Thema befaßten und dazu äußerten, bis zum Tod Darwins zu der Erkenntnis durchgerungen hatten, "daß die Evolution mit einem vorurteilsfreien Verständnis der Heiligen Schrift zu vereinbaren sei".

Das mag erklären, warum der Vatikan die Bücher Darwins nie auf den Index (Verzeichnis der vom Heiligen Stuhl verbotenen Bücher) gesetzt hat. Es mag auch die Reaktion der Zuhörer auf der im Jahre 1893 in Chicago abgehaltenen Konferenz des Weltreligionsparlaments erklären. Ein "christlicher" Redner sagte, während Buddhisten und Hindus zuhörten: "Die Evolutionstheorie füllt eine Lücke aus, die ganz am Anfang unserer Religion besteht, und wenn die Wissenschaft im allgemeinen mit der Evolution als Methode der Schöpfung zufrieden ist, dann sollten diejenigen, die Gottes Wege kennen und lieben, freudig ihre Zustimmung dazu geben." Jene Worte sollen mit großem Beifall quittiert worden sein.

Diese Haltung überrascht nicht, wenn man bedenkt, wie populär im späten 19. Jahrhundert das Fach wurde, das später die Bezeichnung "Religionswissenschaft" erhielt. Dabei handelt es sich um eine wissenschaftliche Untersuchung aller Religionen zu dem Zweck, ihre Beziehung zueinander und ihre Entstehung zu ergründen. Der englische Naturforscher John Lubbock beispielsweise vertrat die Theorie, daß die Menschen vom Atheismus über den Fetischismus, die Naturverehrung und den Schamanismus schließlich zum Monotheismus fanden.

Die Encyclopedia of Religion schreibt jedoch: "Nach einer solchen Auffassung war die Religion indessen keine absolute Wahrheit, die von einer Gottheit geoffenbart worden wäre, sondern der Bericht über die Entwicklung menschlicher Vorstellungen von Gott und der Sittlichkeit." Wer diese Theorie akzeptierte, hatte keine Schwierigkeiten, den Deismus, eine "rationale Nationalreligion" oder eine "allgemeine Menschheitsreligion" als Sprossen der Leiter der religiösen Evolution zu akzeptieren.

Wohin führt eine solche Ansicht letzten Endes? Bereits im 19. Jahrhundert sagte der englische Philosoph Herbert Spencer, die Gesellschaft bewege sich auf ein System des Fortschritts zu, das mit Religion unvereinbar sei. Und in bezug auf das 20. Jahrhundert meinte Professor Nisbet, daß die Soziologen im allgemeinen glauben, die Religion "befriedige gewisse psychologische Bedürfnisse des Menschen, und bis diese Bedürfnisse das Opfer der biologischen Evolution der menschlichen Spezies werden, wird die Religion in der einen oder anderen Form eine hartnäckige Realität der menschlichen Kultur bleiben". Demnach schließen die Soziologen die Möglichkeit nicht aus, daß es zufolge des "evolutionären Fortschritts" eines Tages überhaupt keine Religion mehr geben wird.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts war deutlich erkennbar, daß die Christenheit etwa 200 Jahre lang einen vergeblichen Kampf gegen die Zeit des Umbruchs geführt hatte. Ihre Religion war auf die Stufe weltlicher Philosophie herabgesunken. Millionen aufrichtiger Menschen machten sich Gedanken. Die Forschung nach der wahren Anbetung wurde intensiviert. Es war klar, daß die Christenheit unmöglich zu reformieren war. Erforderlich war eine Wiederherstellung der wahren Anbetung.

Aufwärts- oder Abwärtsentwicklung?

Gemäß der Bibel wurden die Menschen als vollkommene Geschöpfe erschaffen und gelehrt, wie sie ihren Schöpfer auf eine ihm annehmbare Weise anbeten sollten. Aber sie lehnten sich gegen Gott auf, und im Laufe von rund 6 000 Jahren sanken sie sowohl in physischer als auch in sittlicher Hinsicht immer tiefer und entfernten sich dabei immer weiter von der Religion, die sie ursprünglich praktiziert hatten.

Gemäß der Theorie über die biologische und die religiöse Evolution hatten die Menschen einen primitiven Anfang und waren Atheisten ohne eine Religion. Im Laufe von ungezählten Jahrmillionen entwickelten sie sich sowohl in physischer als auch in sittlicher Hinsicht und kamen dem religiösen, sozialen und sittlichen utopischen Zustand immer näher.

Welche Auffassung ist wohl eher in Einklang mit den Tatsachen, wenn man das menschliche Verhalten, den gegenwärtigen Zustand der Menschheit und den Ruf, den die Religion in der heutigen Welt genießt, berücksichtigt?

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