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Mittwoch, 5. Juni 2013
RELIGION, WISSENSCHAFT, AUFKLÄRUNG UND INDUSTRIALISIERUNG – 1. Teil

"Philosophie" — ein Wort, das von zwei griechischen Wurzelwörtern abgeleitet ist und "Weisheitsliebe" bedeutet — ist schwierig zu definieren. Die New Encyclopædia Britannica bezweifelt die Möglichkeit, "eine allgemeine und umfassende Definition" dieses Wortes geben zu können. Ein erster Schritt in diese Richtung sei vielleicht, daß man "Philosophie entweder als ein Streben nach Erkenntnis über die Vielfältigkeit menschlicher Erfahrung definiert oder als die rationale, methodische und systematische Betrachtung der Fragen, die für den Menschen von größter Bedeutung sind".

Diese Definitionen zeigen klar, warum sich die wahre Religion und die Philosophie nicht versöhnen lassen. Der wahren Religion liegt eine göttliche Offenbarung zugrunde und nicht "die Vielfältigkeit menschlicher Erfahrung". Bei ihr stehen die Belange des Schöpfers im Mittelpunkt, nicht die Fragen, "die für den Menschen von größter Bedeutung sind". Der falschen Religion dagegen liegt wie der Philosophie die menschliche Erfahrung zugrunde, auch stellt sie die Belange des Menschen allem anderen voran. Diese Tatsache zeigte sich vom Beginn des 17. Jahrhunderts an besonders deutlich, als das Ringen der Christenheit mit der Zeit des Umbruchs begann.

Im 17. Jahrhundert, in das die Geburtsstunde der modernen Wissenschaft fiel, schien ein Zusammenprall zwischen ihr und der Religion unvermeidlich zu sein. Durch die revolutionierenden neuen Erkenntnisse wurde die Wissenschaft mit dem Glorienschein der Unfehlbarkeit und der Autorität umgeben, was eine Wissenschaftsgläubigkeit — eine Religion für sich — zur Folge hatte, ja sie wurde eine heilige Kuh. Die religiösen Lehren schienen im Licht wissenschaftlicher "Tatsachen" plötzlich so gut wie unbeweisbar zu sein. Die Wissenschaft war neu und aufregend; die Religion schien überholt und langweilig zu sein.

Diese Einstellung gegenüber der Religion wurde durch die Aufklärung verstärkt, eine Geistesbewegung, die im 17. und 18. Jahrhundert über Europa hinwegbrauste. Sie setzte sich für intellektuellen und materiellen Fortschritt ein und lehnte die staatliche und die kirchliche Autorität sowie die Tradition ab und war bestrebt, alles am Maßstab der Vernunft zu messen. Die Vernunft wurde als die Quelle des Wissens und des Glücks angesehen. "Die Aufklärung wurzelte eigentlich in der griechischen Philosophie", schreibt die New Encyclopædia Britannica.

Die Aufklärung war vorwiegend eine französische Erscheinung. Zu den führenden Köpfen der Aufklärung in Frankreich zählten Voltaire und Denis Diderot. In England setzten sich John Locke und David Hume dafür ein. Befürworter waren auch unter den Gründungsvätern der Vereinigten Staaten zu finden, z. B. Thomas Paine, Benjamin Franklin und Thomas Jefferson. Die in der amerikanischen Verfassung geforderte Trennung von Kirche und Staat geht auf die Gedanken der Aufklärung zurück. Hauptvertreter der Aufklärung in Deutschland waren Christian Wolff, Immanuel Kant und Moses Mendelssohn, Großvater des Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Kant, der der Religion skeptisch gegenüberstand, soll gesagt haben: "Aufklärung ist Erwachen des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit." "Damit meinte Kant", wie Allen W. Wood von der Cornell-Universität schreibt, "den Vorgang, durch den der einzelne Mensch den Mut bekommt, sich selbst Gedanken über die Sittlichkeit, die Religion und die Politik zu machen, anstatt sich seine Meinung von politischen, kirchlichen oder biblischen Autoritäten diktieren zu lassen."

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann die industrielle Revolution, und zwar zuerst in England. Nun spielte nicht mehr die Landwirtschaft die wichtige Rolle, sondern die Herstellung von Waren mit Hilfe von Maschinen und der Chemie. Das löste eine Erschütterung der Agrargesellschaft aus, was dazu führte, daß die Landbevölkerung zu Hunderttausenden in die Städte abwanderte in der Hoffnung, dort Arbeit zu finden. Die Folge war gebietsweise Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Armut und andere ähnliche Übel.

Würde die Christenheit mit diesen drei Gefahren fertig werden — der Wissenschaft, der Aufklärung und der Industrialisierung?

DURCH DIE MODERNE WISSENSCHAFT
wurde der Glaube an das Unsichtbare geschwächt und entstanden Zweifel in bezug auf Dinge, die die Wissenschaft nicht "beweisen" konnte. Dadurch, daß die Christenheit unbewiesene, angeblich wissenschaftliche Theorien, wie z. B. die Evolutionstheorie, für richtig hielt und von der Wissenschaft erwartete, daß sie — nicht Gottes Königreich — die Probleme der Welt löse, zeigte sie, daß sie untreu handelte und der biblischen Wahrheit keinen Glauben mehr schenkte.

DIE NEUEN POLITISCHEN IDEOLOGIEN (Kapitalismus, Demokratie, Sozialismus, Kommunismus usw.) hatten nationalistische Konflikte und ideologische Streitereien zur Folge, durch die die biblische Wahrheit, daß Gott und nicht der Mensch das Recht hat, über die Erde zu herrschen, verdunkelt wurde. Die Christenheit war gegenüber dem biblischen Grundsatz der christlichen Neutralität untreu und führte Kriege, in denen "Christen" gegen "Christen" kämpften. Die Christenheit hat politische Pseudoreligionen aktiv oder passiv unterstützt.

DER HÖHERE LEBENSSTANDARD, der durch die industrielle und die wissenschaftliche Revolution ermöglicht wurde, förderte egoistische Eigeninteressen und machte die soziale Ungerechtigkeit und Ungleichheit deutlich. Die Christenheit erwies sich auch als untreu, indem sie Gottes Belange vernachlässigte und sich mit menschlichen Belangen — mit sozialen, wirtschaftlichen und politischen Fragen — beschäftigte.

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