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Montag, 3. Juni 2013
MISSIONIERUNG VON "HEIDEN" DURCH "CHRISTEN" - 2. Teil

Bei den Eingeborenenreligionen spielt der persönliche Schutz oder das Gemeinwohl eine wichtige Rolle. Über die Religion der australischen Ureinwohner schreibt z. B. Ronald Berndt: "Sie spiegelte die verschiedenen Belange im täglichen Leben der Menschen wider. In ihrem Mittelpunkt standen soziale Beziehungen, Krisensituationen des menschlichen Daseins und Dinge für die Lebenserhaltung."

Die Ausdrucksformen des religiösen Lebens, die sich mit diesen menschlichen Bedürfnissen befassen, sind als Animismus, Fetischismus und Schamanismus bekannt. Sie kommen in manchen Gesellschaften in verschiedenen Kombinationen und in unterschiedlichen Intensitätsgraden vor.

Animismus: Der Glaube, daß in Dingen wie Pflanzen und Steinen, ja sogar in Naturerscheinungen wie Gewittern und Erdbeben Seelen leben. Er mag auch die Auffassung einschließen, daß es körperlose Geister bzw. Seelen gibt, die das Leben der Menschen auf gute oder schlechte Weise beeinflussen können.

Fetischismus: Das Wort Fetisch stammt aus dem Portugiesischen; es wird unter anderem gebraucht, um Gegenstände zu beschreiben, die angeblich mit übernatürlicher Macht geladen sind und die dem Besitzer Schutz oder Hilfe gewähren. Die portugiesischen Forschungsreisenden benutzten deshalb den Ausdruck, um die Talismane und Amulette zu bezeichnen, die die Westafrikaner bei der Ausübung ihrer Religion verwendeten. Fetischismus ist eng mit Götzendienst verwandt und hat vielerlei Formen. Gewisse Indianer Nordamerikas schreiben z. B. Federn übernatürliche Kräfte zu und halten sie für wirksame Mittel, Gebete oder Botschaften himmelwärts "fliegen" zu lassen.

Schamanismus: Das Wort Schamane stammt aus dem Tungusischen und bedeutet "er, der es weiß". Träger des Schamanismus ist der Schamane, eine Person, die angeblich zu heilen versteht und die Verbindung mit den Geistern herstellen kann. Medizinmänner, Magier oder Zauberinnen (ganz gleich, welches Wort man benutzen möchte) behaupten, die Gesundheit schützen oder die Fortpflanzungsfähigkeit wiederherstellen zu können. Dazu mag es erforderlich sein — z. B. bei den südamerikanischen Waldindianern —, daß man die Unterlippe, die Nase oder das Ohrläppchen durchbohrt, daß man den Körper bemalt oder einen bestimmten Schmuck trägt. Vielleicht wird einem auch gesagt, man solle ein Anregungs- oder Rauschmittel verwenden wie Tabak und Kokablätter.

Die Eingeborenenreligionen kennen sozusagen keine Glaubenslehren, weshalb es ihnen unmöglich ist, eine genaue Erkenntnis über den Schöpfer zu vermitteln. Und dadurch, daß sie menschliche Bedürfnisse über göttliche Interessen stellen, berauben sie Gott dessen, was ihm gebührt. Als die "christlichen" Völker mit ihrer Missionsarbeit begannen, erhob sich daher die Frage: Werden die "Christen" imstande sein, das Herz der "Heiden" für Gott zu gewinnen?

Im 15. Jahrhundert begannen die katholischen Staaten Spanien und Portugal mit ihren Entdeckungsreisen und der Kolonisierung der entdeckten Länder. Der Entdeckung neuer Gebiete folgte die Bekehrung der Eingeborenen durch die Kirche, wodurch die Bevölkerung ihrer neuen "christlichen" Regierung geneigt gemacht wurde. Päpstliche Bullen gaben Portugal das Recht, Afrika und Asien zu missionieren. Nach der Entdeckung Amerikas wurde von Papst Alexander VI. eine Demarkationslinie festgelegt: Spanien durfte im Westen kolonisieren und Portugal im Osten.

Die Protestanten hatten alle Hände voll zu tun, sich gegen den Katholizismus zu behaupten, so daß sie sich keine Gedanken darüber machten, Andersgläubige zu missionieren. Auch waren sie von den Reformatoren nicht dazu ermuntert worden. Offenbar glaubten Luther und Melanchthon, das Ende der Welt sei so nahe, daß es zu spät sei, die "Heiden" zu bekehren.

Im 17. Jahrhundert entwickelte sich jedoch eine Bewegung, die Pietismus genannt wurde. Diese Bewegung des Protestantismus betonte individualistische Frömmigkeit anstelle des Formalismus und legte großes Gewicht auf das Bibellesen und auf religiöses Engagement. Ihre "Vision von einer Menschheit, die das Evangelium Christi braucht", wie ein Schriftsteller es ausdrückte, trug schließlich dazu bei, daß der Protestantismus in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann, sich ebenfalls an der Mission zu beteiligen.

Im Jahr 1500 bekannte sich ungefähr ein Fünftel der Weltbevölkerung zum "Christentum", um 1800 betrug ihr Anteil bereits ein Viertel, und um 1900 war etwa jeder dritte Erdbewohner "Christ". Somit war nun ein Drittel der Weltbevölkerung "christlich"!

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