Sonntag, 9. Juni 2013
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KURZ VOR WIEDERHERSTELLUNG DES CHRISTENTUMS – 2. Teil

Inmitten des verwirrenden Geflackers einzelner Kerzen geriet das theologische Denken in Verwirrung. Die Bibelkritik — hauptsächlich ein Produkt deutscher Universitäten — legte die Bibel im Licht des "fortschrittlichen" wissenschaftlichen Denkens neu aus. Bibelkritiker sahen in der Heiligen Schrift kaum mehr als die Aufzeichnung jüdischer religiöser Erfahrung. Man zog die Autorität der Bibel bei der Festlegung des Heilsweges in Frage sowie die Vernünftigkeit der Sittenmaßstäbe, die sie vertritt.

Die Bibelkritik wurde bereitwillig unterstützt, besonders von protestantischen Geistlichen. Gemäß einem Bericht hielt 1897 kein einziges Fakultätsmitglied der 20 protestantischen theologischen Universitäten in Deutschland mehr an den traditionellen Ansichten über die Urheberschaft des Pentateuchs oder des Buches Jesaja fest.

Ein paar Jahre später, 1902, kam es auf einer Konferenz der Generalsynode der presbyterianischen Kirchen in Schottland zu einer Kontroverse über die Bibelkritik. Die Edinburgh Evening News berichtete: "Nach Ansicht der Bibelkritiker . . . ist die Bibel eine Sammlung von Mythen, denen ein Prediger ein paar Körnchen Ethik entnehmen kann, ähnlich wie ein befähigter Moralist ein paar Körnchen Ethik aus Äsops Fabeln entnehmen kann." Die Zeitung führte jedoch aus: "Die Arbeiterklasse ist nicht dumm. Sie wird nicht in die Kirche gehen, um Männern zuzuhören, die geistig umnebelt sind."

Ein zweiter Artikel, der einige Tage später erschien, war noch offener. Es hieß darin: "Man darf kein Blatt vor den Mund nehmen. Die protestantische Kirche ist nichts als organisierte Heuchelei, und ihre Geistlichen sind ausgesprochene Betrüger. Es ist tatsächlich so weit gekommen, daß man den Verfasser des "Zeitalters der Vernunft", wenn er heute leben würde, nicht höhnisch als Tom Paine, den Ungläubigen, bezeichnen würde, sondern als Reverend Thomas Paine, Dr. theol., Professor für Hebraistik und alttestamentliche Exegese, United Free College, Glasgow. Er könnte problemlos von einer protestantischen Kanzel aus predigen . . . und als Theologieprofessor ein stattliches Einkommen beziehen."

Von Anfang an betonte der Protestantismus die persönliche Bekehrung und das christliche Erleben, stützte sich hauptsächlich auf die Heilige Schrift und maß den Sakramenten und der Tradition geringere Bedeutung bei.

In den 1830er und 1840er Jahren begannen viele protestantische Evangelikale, das bevorstehende zweite Kommen Christi und damit den Beginn des Tausendjährigen Reiches zu verkündigen. William Miller, ein New Yorker Farmer, wagte es, das zweite Kommen für die Zeit um das Jahr 1843 anzusetzen. Diese chiliastische Bewegung trug dazu bei, die Grundlage für den prominenteren und energischeren Fundamentalismus zu legen.

Der Fundamentalismus war größtenteils ein Gegenschlag gegen den Skeptizismus, das Freidenkertum, den Rationalismus und die moralische Laxheit, die der liberalisierte Protestantismus genährt hatte. Er erhielt seinen Namen von einer Serie von 12 Werken mit dem Titel The Fundamentals, die zwischen 1909 und 1912 vom Moody Bible Institute herausgegeben wurden.

Der Fundamentalismus ist besonders in den Vereinigten Staaten durch seine wirkungsvollen Rundfunk- und Fernsehpredigten, seine Bibelgesellschaften und seine gut publizierten und gefühlsbetonten Erweckungsversammlungen bekannt geworden. Unlängst wurde seinem Ruf jedoch durch die finanziellen und sexuellen Skandale einiger der prominentesten Prediger Schaden zugefügt. Er wird auch wegen seiner zunehmenden politischen Betätigung kritisiert, hauptsächlich seit der Gründung der "Moralischen Mehrheit" im Jahre 1979, die aber vor einiger Zeit wieder aufgelöst wurde.

Der Fundamentalismus, der die Bibel angeblich verteidigt, hat ihr Ansehen eigentlich untergraben. Beispielsweise legt er Bibeltexte wörtlich aus, die ganz offensichtlich nicht wörtlich zu verstehen sind. So behauptet er, die Erde sei, gestützt auf den Schöpfungsbericht, in sechs buchstäblichen 24-Stunden-Tagen erschaffen worden. Es liegt jedoch auf der Hand, daß es sich dabei um symbolische Tage von weit längerer Dauer handelte.

Vergleiche 1. Mose 2:3, 4: "Und Gott ging daran, den siebten Tag zu segnen und ihn zu heiligen, denn an ihm hat er fortan geruht von all seinem Werk, das Gott, um es zu machen, geschaffen hat. Dies ist die Geschichte der Himmel und der Erde zu der Zeit, da sie erschaffen wurden, an dem Tag, an dem Jehova Gott Erde und Himmel machte."

2. Petrus 3:8: "Indes möge diese e i n e Tatsache eurer Kenntnis nicht entgehen, Geliebte, daß e i n Tag bei Jehova wie tausend Jahre ist und tausend Jahre wie e i n Tag."

Der Fundamentalismus untergräbt die Bibel auch, indem er unbiblische Lehren vertritt, wie zum Beispiel die ewige Qual in einer Feuerhölle. Zudem stellt er Verhaltensregeln auf, die über die Bibel hinausgehen — so verbietet er den Genuß alkoholischer Getränke oder den Gebrauch von Make-up für Frauen. Dadurch hat er viele veranlaßt, die Botschaft der Bibel als naiv, unvernünftig und unwissenschaftlich abzulehnen.

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