Jede große Religion hat ihr Buch oder ihre Bücher. Diese mögen zwar "in der Form, im Umfang, im Alter und im Grad der Heiligkeit sehr unterschiedlich sein", so die New Encyclopaedia Britannica, "doch ihr gemeinsames Merkmal besteht darin, daß ihre Worte für den Gläubigen als heilig gelten". Allein die Tatsache, daß es zahlreiche heilige Bücher gibt, beweist, daß die Menschheit religiös veranlagt ist.
Was ihre Namen bedeuten:
BUDDHISMUS: Tripitaka, aus dem Sanskrit für "drei Körbe (Sammlungen)"
CHRISTENTUM: Bibel, aus dem Griechischen für "kleine Bücher"
HINDUISMUS: Veda, aus dem Sanskrit für "Wissen"
ISLAM: Koran, aus dem Arabischen für "Lesung"
JUDAISMUS: Talmud, aus dem Hebräischen für "Lernen, Lehre"
KONFUZIANISMUS: Lun-yü, chinesisch für "Gespräche"
SCHINTOISMUS: Kodschiki und Nihongi, japanisch für "Geschichte der Begebenheiten im Altertum" und "Annalen Japans"
TAOISMUS: Tao-te Ching, chinesisch für "Klassiker des Weges der Macht"
ZOROASTRISMUS: Awesta, nach dem Awestischen benannt, der toten iranischen Sprache, in der es geschrieben wurde
Einige religiöse Bestseller sind äußerst umfangreich. Der Koran, der nur ein Viertel des Umfangs der Bibel hat, bildet dabei eine Ausnahme. Eine Sammlung hinduistischer heiliger Werke allein — die Samhitas — enthält schätzungsweise über eine Million Strophen. Die King-James-Bibel hat dagegen nur 31 173 Verse. Und im Vergleich zu den 773 746 Wörtern, die sie enthält, hat der Babylonische Talmud rund 2,5 Millionen. Der chinesische buddhistische Kanon ist noch umfangreicher; er umfaßt, wie man sagt, nahezu hunderttausend Druckseiten.
Die Bibel und der Koran gehören zu den religiösen Bestsellern.
Andere Bücher werden zwar nicht von irgendeiner organisierten Religion als ihr anerkanntes heiliges Buch betrachtet, sind aber religiöser Natur. Dies trifft auf den Kodschiki und den Nihongi zu, Bücher, die seit Jahrhunderten einen starken Einfluß auf das Leben in Japan und auf den Schintoismus haben. Ähnlich ist das Leben in China von den 13 konfuzianischen Klassikern beeinflußt worden. Sie gründen sich auf die Lehren des Konfuzius, eines chinesischen Philosophen, der fast noch ein Kind war, als im Jahre 539 v. u. Z. Babylon von Medo-Persien erobert wurde. Lun-yü, das Hauptlehrbuch des Konfuzianismus, soll in seinen 496 Abschnitten die eigenen Aussprüche des Konfuzius enthalten.
Auch neuere religiöse Schriften haben den Rang heiliger Bücher erhalten. Einige gelten als Ergänzungen bereits anerkannter Schriften. Die Anhänger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage beispielsweise glauben, das Buch Mormon sei von einem Propheten namens Mormon auf goldene Tafeln geschrieben worden, sein Sohn Moroni habe es später vergraben und rund 1 400 Jahre danach, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, habe es ein Engel gefunden und Joseph Smith gegeben, der es übersetzte.
Das Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, das 1875 zunächst unter dem Titel Wissenschaft und Gesundheit erschien, wird ähnlich beurteilt. Jahrelang war die Autorin dagegen, ihr Buch in andere Sprachen übersetzen zu lassen, doch schließlich gab sie nach und bestimmte: "Diese neue Ausgabe soll wechselseitig in der englischen und deutschen Sprache gedruckt werden, so daß eine Seite die göttlich inspirierte, englische Version enthält, welche die Norm sein soll, die andre Seite den deutschen Text in Form einer Übersetzung".
Selbst nichtreligiöse Bücher sind in den Rang heiliger Schriften erhoben worden. In diese Kategorie fallen Schriften des 19. und 20. Jahrhunderts von Männern wie Charles Darwin, Karl Marx und Mao Tse-tung, deren evolutionistisches und kommunistisches Gedankengut von Millionen mit religiösem Eifer verteidigt wird.
Die meisten heiligen Überlieferungen wurden ursprünglich mündlich weitergegeben, mitunter jahrhundertelang. Doch irgendwann wurde es meist für notwendig erachtet, festzulegen, welche Teile des gesammelten — mündlichen oder schriftlichen — Stoffes für eine bestimmte Religion als kanonisch gelten sollten. Das Wort "Kanon" wird als "Sammlung oder maßgebliche Liste von Büchern, die als heilige Schriften anerkannt werden", definiert.
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